Integrierte Sekundarschule Eisenacher Straße, Berlin
Nicht-offener hochbaulicher Realisierungswettbewerb 2021, 2. Preis, mit as-if architekten + capattistaubach urbane landschaften
Städtebau:
Die Integrierte Sekundarschule an der Eisenacher Straße entwickelt sich als differenzierter Solitärbaukörper in die Tiefe des Grundstücks. Schule und Doppelsporthalle sind als zwei separate Baukörper über Eck auf dem Grundstück positioniert und lassen so klar definierte unterschiedliche Außenräume entstehen. Im Kontext mit der benach-barten Schätzelberg-Grundschule ergibt sich eine diagonale Abfolge von schulischen Solitärbauten mit der Sport-halle als Gelenk und Bindeglied. An der Eisenacher Straße wirkt die prägnante
Kontur des Schulneubaus adress-bildend, aber auch die Sporthalle ist bereits von der Straße aus gut zu
sehen.
In der durch offene Bebauung der Nachkriegszeit geprägten Gegend ist die Schule zwar der größte Baukörper im Areal; sie wird jedoch durch ihre Binnengliederung in Pavillons und Höfe differenziert. Mit drei Geschossen entwickelt sich die Kubatur moderat in die Höhe; durch Elemente wie die flach geneigten Dächer entsteht ein wohn-licher Eindruck; im latent strukturalisti-schen Duktus der Anlage wird auch ein
Bezug zur Architektur der Nachkriegs-zeit aufgenommen, der jedoch im Licht der aktuellen Schulbautypologien interpretiert wird.

Wegeverbindungen und äußere Erschließung:
Eine breite Esplanade stößt von der Eisenacher Straße Richtung Norden vor und erschließt die Tiefe des Grund-stücks. Zu ihr orientieren sich die stärker öffentlich und gemeinschaftlich genutz-ten Bereiche des Erdgeschosses wie Mehrzweckraum und Mensa. Die Esplan-ade erschließt auch die Sporthalle. Zwischen Schule und Sporthalle wird sie von einem Weg in West-Ost-Richtung gekreuzt, der eine von zwei Anbin-dungen an das Grundstück der Schätzelberg-Grundschule bildet; eine weitere Verbindung zur Grundschule liegt nördlich der Sporthalle.
Die Schule wird im nördlichen Bereich durch einen weiteren Zugang von außen erschlossen, zum Beispiel
für die Schüler:innen der Schätzelberg-Grundschule, die Räume der Intergrierten Sekundarschule mitnutzen.
Der nördliche Zugang dient aber auch der kurzen Verbindung zwischen Schule und Sporthalle und den
Freiflächen / Pausenflächen.
Durch das gewählte äußere Erschließungssystem ist die außerschulische Nutzung von Mehrzweckbereich
und Sporthalle gewährt; leichte Auffindbarkeit und Sicherheitsaspekte werden hier verbunden.

Empfangsgeste:
Durch den Unterschnitt des Baukörpers an der Eisenacher Straße ergibt sich ein großzügiger überdachter
Eingangsbereich als „Außenfoyer“. Dennoch gelingt es, durch das Heranrücken des Baukörpers an die
Straße die Bauflucht der Nachbarbauten aufzunehmen. Die großzügige Geschosshöhe des Erdgeschosses
und die Durchblicke ins Innere mit seinen grünen Höfen lässt diesen Bereich einladend wirken und erlaubt
eine gute Belichtung. Nach dem Eintritt bietet sich durch das sich linear nach Norden erstreckende Foyer ein
guter Überblick und gute Orientierung. Die angelagerten Höfe bieten Abwechslung, Aufenthaltsqualität und
gute Belichtung. Auf kurzem Weg können hier die Räume des 'ersten Schließkreises' wie Mehrzweckraum,
Mensa, Musikräume erschlossen werden.

Nutzungsverteilung:
Im Erdgeschoss liegen die gemeinschaftlichen Nutzungen, die Bereiche Wirtschaft, Arbeit, Technik sowie Kunst und Musik. Im 1. Obergeschoss liegen in der südlichen Hälfte zwei Compartments, in der nördlichen Hälfte sind die naturwissenschaftlichen Fachräume angeordnet. In diesem Bereich liegt in Richtung Osten auch die Verwaltung. Im 2. Obergeschoss liegen die weiteren vier der insgesamt sechs Compartments.
Innere Erschließung und Fluchtwege:
Die vertikale Erschließung wird recht kompakt durch zwei geräumige Treppenhäuser in der Nord-und
Südhälfte geführt; Fluchttreppenhäuser an der Peripherie der Geschossplatten schaffen für jedes
Compartment einen separaten zweiten Rettungsweg. Der Anteil reiner Verkehrsflächen im Gebäude ist
vergleichsweise gering; vielmehr werden Erschließungsräume programmatisch belegt und aktiviert.
Außenräume in und am Gebäude:
Das Erdgeschoss wird durch drei Höfe strukturiert, die diese Ebene in ihrer Tiefe belichten und die ihrerseits
als Grünräume reizvolle Entspannungsorte bilden und thematisch differenziert sind; so gibt es im Anschluss an die Bibliothek einen Lesegarten.
Auf der Decke über Erdgeschoss liegen im 1. OG mehrere Dachterrassen, die von den Compartments aus begehbar sind. Im 2. OG verfügen die Compart-ments zwar nicht über diesen direkten Zugang zu Außenräumen; dafür aber -durch die Dachneigungen bedingt- teilweise über eine größere Deckenhöhe.

Compartments:
Zwei in W-O-Richtung nebeneinanderliegende Compartments bilden jeweils ein Paar, das durch ein
Treppenhaus mit Aufzug erschlossen wird. Vom Treppenhaus aus gelangt man über einen kurzen Flurbereich (mit Tageslicht und Blick in den grünen Hof) jeweils in eine Vorzone mit dem WC-Bereich und den Schließfächern, bevor man in das Forum eintritt. Vom gegenüberliegenden Teambereich aus kann dieser Zugangsbereich gut überblickt werden, wodurch eine soziale Kontrolle gegeben ist.
Die Compartments sind im Grundriss in sich rotationssymmetrisch angelegt und jeweils so strukturiert, dass zwei Stammklassen und ein Teilungsraum eine L-förmige Raumgruppe bilden. Dazwischen spannt sich der
Forumsraum auf, der sein Licht von zwei Seiten erhält. Durch die mittig eintretende Erschließung und den in
den Raum sich vorschiebenden Teambereich wird der Raum leicht eingeschnürt, wodurch sich zwei gut
nutzbare Forumsflächen ergeben - jeweils mit direktem Tageslicht, direkter Belüftung über bodentiefe
Fenster und Blick nach draußen. Im 1. OG ergeben sich auch direkte Zugangsmöglichkeiten zu den grünen
Außenterrassen, die zusätzlich als Lern-und Aufenthaltsräume genutzt werden können.
Alle Stammgruppenräume haben gleichwertig Anteil am Forum. Durch ihren längsrechteckigen
Raumzuschnitt sind sie hervorragend belichtet und lassen sich gut möblieren. Über verglaste Zugangsbereiche stehen sie im Austausch mit dem Forum, wobei die akustische Abtrennung gewährleistet wird. Die Teilungsräume lassen sich über kurze Flure separat von den Stammgruppenräumen erschließen.
Jeweils an einem Ende des Compartments liegen in einer relativ zurückgezogenen Zone die Ruheräume.
Der Teambereich liegt jeweils zentral innerhalb des Compartments. Durch den Thekenbereich, der durch
verfahrbare Glasflächen geöffnet, aber bedarfsweise auch gegenüber dem Forum geschlossen werden kann
steht das Team mit den Schüler:innen in ständiger Verbindung. Von hier aus lässt sich sowohl der Zugang
zum Forum, als auch die beiden Forumsbereiche und die Zugänge zu den Klassenräumen gut überblicken.
Ein Bürobereich mit direkter Belichtung an der Fassade dient als back-office; an ihn schließen sich
Pflegeraum und WC für das Team an.
Zusätzliche Verbindungen zwischen den Compartments in Nord-Süd-Richtung sind in erster Linie für die
Lehrer:innen gedacht, um den raschen Wechsel zwischen allen Räumen eines Geschosses zu ermöglichen.
In dem Übergangsbereich können zusätzlich Lehrmittel gelagert werden, wie sie auch in Regalen entlang
der Forumsfläche untergebracht werden können.

Konstruktion und Material:
Für die Flexibilität der Grundrisstruktur maßgeblich ist das tragende Skelett aus Beton- bzw. Holzstützen.
Eine modulare Ordnung mit sich wiederholenden Elementen bestimmt den Bau, der somit für eine modulare
(Vor-)fertigung geeignet ist. Während das Erdgeschoss als Stahlbeton-Primärkonstruktion konzipiert ist, tritt
ab dem 1. OG zunehmend Holz als Material in den Vordergrund, mit Holz-Beton-Verbunddecken über dem
1. OG und einem hölzernen Dachtragwerk.
Die Außenwände der Obergeschosse sind vorgefertigte Fassadenelemente aus Holz und werden mit
keramischen Elementen verkleidet. Diese sind in Ausrichtung und Farbigkeit je nach Situation differenziert:
Während die Stirnfassaden, die sparsam mit Öffnungen versehen sind (hier zeigen sich als Fenster lediglich
die der Ruheräume), mit vertikal ausgerichteten Keramikelementen verkleidet sind, wird an den Längsseiten
die Horizontale betont. Die Farbigkeit differenziert sich von dem leuchtenden Dunkelrot der Giebelfassaden
zum helleren Farbton der Längsfassaden bis zum leuchtenden Hellrot der Sporthalle.
In den Klassenräumen sorgen die sich über die ganze Länge erstreckenden liegenden Fensterbänder für eine durchgehende gute Belichtung. Oberhalb eines breiten, außen nochmals keramisch verkleideten Kämpferprofil liegt ein Oberlichtband mit integrierter Lichtlenkung und weiteren Lüftungs-flügeln, um die Raumtiefe gleichmäßig zu belichten. So werden auch die stehenden Öffnungsflügel im höheren Fensterband nicht zu hoch und lassen sich bequem manuell öffnen.

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