Inselcampus Hamburg-Wilhelmsburg
Nicht-offener hochbaulicher Realisierungswettbewerb 2022, 2. Preis
Entwurfsleitende Idee
Der Inselcampus hat für das entstehen-de Elbinselquartier in städtebaulicher, räumlicher, funktionaler und sozialer Hinsicht zentrale Bedeutung. Die heraus-ragende Lage am Eingang zum Quartier, die Größe des Bauwerks und die Nähe zum Wasser erfordern eine kraftvolle städtebauliche Setzung, die aus den unterschiedlichen Richtungen, in der Fern- wie der Nahwirkung überzeugt. In der Auseinandersetzung mit den Ziel-stellungen deutlicher städtebaulicher Raumbildung einerseits und den Anfor-derungen der Kompaktheit, der räum-lichen Nähe und kurzer Wege anderer-seits sucht das Projekt ein Optimum, das die Cluster-Logik der Schulorganisation in eine städtebaulich prägnante Form integriert und das mit differenzierten und qualitätvollen Räumen innerhalb der Großform der sozialen Bedeutung des Ensembles gerecht wird.

Städtebauliches Konzept
Mit deutlichen Raumkanten nach außen begrenzen die Bauten des Campus den geschützten Schulhofbereich. Die städtebauliche Vorgabe wird unter Ein-haltung der Baugrenzen als Komposition aus drei Baukörpern gleicher Materialität, jedoch unterschiedlicher Volumetrie und Ausrichtung interpretiert. Der lagernde, viergeschossige Hauptbaukörper ent-lang der Jaffestraße tritt in einen Dialog mit dem kubisch aufragenden Volumen des fünfgeschossigen 'Turms' an der Südkante, während die Sporthalle als am stärksten erdverhaftetes Bauwerk mit einer charakteristischen Dachkontur den Schulhof nach Norden begrenzt. Wie es der städtebauliche Rahmenplan vorsieht, tritt die Schule als Langbau den drei Blöcken auf der Ostseite der Jaffe-straße gegenüber. Der im Städtebau angelegte Versatz des Baukörpers entlang der Straße wird jedoch bewusst nicht aufgegriffen: Die Raumwirkung der Straße könnte ungleich stärker sein, wenn den sich versetzenden Blöcken an der Ostseite eine gerade Kante an der Westseite gegenübersteht.
Der Hauptzugang zum Riegel liegt in der Achse der verschwenkenden Jaffestraße. Ein weiterer Zugang ist von Norden her vorgesehen; der Langbau wird hier zusätzlich von der Schulhofseite her erschlossen.

Hochbauliches Konzept
Die einfache Volumetrie und die Dimensionen der Baukörper erfordern eine kräftige Gliederung, vor allem am Riegelbaukörper. Primäre Zäsuren sind dabei die Einschnitte der Patios, je zwei pro Längsseite, die den an sich tiefen Baukörper natürlich belichten und in eine Mäanderform bringen. Als sekundäre Gliederung wird das Raster der Skelettkonstruktion im Relief der Fassade thematisiert, das zunächst durch Gleichmaß und Wiederholung gekennzeichnet ist, aber dann durch wechselnde Abstände einen bestimmten Rhythmus bekommt. Das Raster stellt sich als Rahmenwerk dar, einerseits mit opaken Füllungen, die die Ziegeloberfläche variieren, andererseits mit breit gelagerten Fenstern, deren Rahmungen in einem mennige-artigen Farbton gut zum Ziegel passen. Gestaltung und Materialisierung knüpfen bewusst an industrielle Ziegelarchitektur der Moderne an. Wie dort gelegentlich anzutreffen, ist der Gebäudesockel in Stahlbeton vorgesehen. Zum Ziegelton tritt das Grün der Höfe und der zum Teil begrünten Fassaden.

Raum- und Funktionsprogramm
Die allgemeinen Unterrichtsräume sind so zwischen Riegel und Turm aufgeteilt, dass im Riegel die Jahrgänge 1-10, im Turm die Vorschule und die Sekundarstufe II untergebracht sind. In den Obergeschossen sind die Klassenräume jeweils clusterweise um Foren organisiert, die über die Höfe direktes Tageslicht erhalten und über vorgelagerte Balkone verfügen. Generell sind die Erschließungsflächen auf ein Minimum reduziert. Das Erdgeschoss des Riegels (5m Geschosshöhe) dient vor allem den gemeinschaftlichen Nutzungen, ist klar und flexibel disponiert. Das Foyer ist von der Straße zum Hof durchgesteckt und kann für Veranstaltungen und Aufführungen genutzt werden, zumal sich direkt die Musik-und Theaterräume anschließen. Im Süden liegt die Mensa; im Norden liegen Lounge, Bibliothek, Gymnastikhalle zur einen, Bewegungsraum, Lehrküche und temporäre Gruppenräume zur anderen Seite einer Erschließungsachse, die über zwei Patios belichtet wird, von denen auch die angrenzenden Räume profitieren. Im nördlichen Bereich des EGs wird der Geländeversprung genutzt, um die Räume mit normaler Höhe wie Verwaltung und Technikräume anzuordnen.

Funktionalität und Nutzungsqualität
Über eine breite Türenanlage und großflächige Verglasungen öffnet sich die Schule im EG zum Straßenraum und bietet ein einladendes Bild. Die innere Vertikalerschließung über zwei großzügige Treppenhäuser samt Aufzügen führt in die Obergeschosse, und zwar jeweils in die Mitte zwischen zweien der (pro Geschoss vier) Cluster. Die Clusterforen stellen sich als gut belichtete und natürlich belüftete Kommunikations- und Lernumgebungen dar, die durch ihre Lage und Raumqualität integrierende Funktion im Cluster übernehmen.
Alle Bereiche werden barrierefrei erschlossen, so auch der als Reaktion auf das ansteigende Terrain gestaltete Versprung der Erdgeschossebene, der sich mittels Rampe und Aufzug überwinden lässt.
In den Außenbereichen ist der Baumbestand weitestgehend berücksichtigt und trägt, zumal mit den riesigen Pappeln in Richtung Wasser zur Atmosphäre auf dem Gelände bei.


Wirtschaftlichkeit in Baukosten, Unterhalt, Betrieb und Pflege
Die klare Disposition, die relativ kompakte Ausformulierung der Baukörper und die robuste Grundstruktur bietet gute Voraussetzungen für einen relativ einfachen, unkomplizierten Bau. Der Verzicht, wo irgend möglich, auf mechanische Belüftung oder Klimatisierung trägt zu einem energiesparenden Unterhalt bei.

Energie- und Nachhaltigkeitskonzept
Kompakter Baukörper mit günstigem Verhältnis von Hüllfläche zu Volumen; langlebige und flexible Tragstruktur: Betonstützen und Holz-Beton-Decken; möglichst weitgehender Verzicht auf mechanische Belüftung oder Klimatisierung; Photovoltaikelemente auf dem Dach zur Redzierung des Strombezugs aus dem öffentlichen Versorgungsnetz.
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