Besucherinformationszentrum Grube Messel
Wettbewerb 2006
Städtebau
Das Besucherinformationszentrum der Grube Messel präsentiert sich als eingeschossiger Solitär in der Landschaft. Seine Dreiecksgeometrie zoniert den Aussenraum in drei Bereiche: Im Südwesten bildet sich ein Eingangsbereich mit Vorzone an der öffentlichen Erschließung. Nach Norden öffnet sich das Gebäude zu einer terrassierten Parklandschaft, die bis an den Grubenrand und zur Aussichtsplattform reicht. Nach Südosten hingegen entsteht ein ruhigerer, hofartiger Gartenbereich mit Wasserfläche.

Gebäudekonzept
Das prismatische Volumen des Besucherzentrums bildet einen klaren Rahmen für eine geometrisch freie und flächige Anordnung von individuellen Räumen unterschiedlicher Höhe und Orientierung, die wie Einschlüsse im Gestein in der Baumasse liegen. Die Räume, die von der Fassade angeschnitten werden, erhalten eine Vollverglasung. Durch die Anschnitte wird die Fassade zu einem Schnitt, der Auskunft über das Innenleben des Besucherzentrums gibt. Zudem erhalten die Innenräume einen großzügigen Aussenraumbezug.
Das für prägende architektonische Motiv des Hohlkörpers und volumetrischen Einschlusses in der Masse nimmt Bezug auf das Thema der im Stein eingebetteten Fossilien.

Erschließung
Der Besucher gelangt vom Parkplatz oder Busparkplatz auf kurzem Weg von Süden kommend zum Haupteingang. Die Nebeneingänge für Bistro und Büro liegen ebenfalls an der Strasse. Intern kommt das Besucherzentrum ohne klassische Flure aus, sondern präsentiert sich als Sequenz individueller Räume. Das Foyer mit Kasse und Shop wurde in zwei Räume unterteilt. Einen kostenfreien Eingangsbereich mit Shop und Kasse, der auch zu WCs, Garderobe, Bistro und den Büros führt, und einen Bezahlbereich mit der "Netzwerksaustellung“ als Einstimmung auf die Ausstellung und internen Durchgang zum Themengarten.
Die unmittelbar am Foyer gelegenen Bereiche wie Bistro, Kino, Schatzkammer können vom Rest der Ausstellung abgekoppelt werden und daher unabhängig von üblichen Besuchszeiten separat benutzt werden.

Funktionszuordnung
Das Bistro liegt an der Strasse und orientiert sich zum Themengarten. Einen starken Außenbezug mit Blickbezug auf Gestaltelemente in den Freianlagen erhalten der Bohrkernbereich (Bohrturm), der Regenwald und der Bereich Biodiversität. Eher introvertiert mit Oberlicht sind das Kino, der Bereich Vulkanismus und die Bohrlochsimulation. Die Büros liegen an der ruhigen Südostseite des Besucherzentrums und haben Blick auf die Wasserfläche.

Raumgestaltung
Das räumliche Konzept des Besucherzentrums folgt zwei Hauptmotiven: Der architektonischen Inszenierung von Baumasse, Hohlraum und räumlichem Einschluss und der Individualisierung von Einzelräumen hinsichtlich Proportion, Raumhöhe, Belichtung, Orientierung und Aussenbezug. Durch das subtraktive Entwurfsprinzip des Herausarbeitens von Einzelräumen aus einer Masse wird der Wechsel von Raum zu Raum als Erfahrung einer thematischen Sequenz der Ausstellung betont. Die Ausstellungsräume sind in ihrer neutralen Quaderform flexibel bespielbar. Die Tiefe der Wände wird genutzt, um Vitrinen, Ausstellungstafeln, Leitsysteme flächenbündig in die Wände zu integrieren. Die Oberflächenqualität der Innenwände ist in Sichtbeton gehalten und verdeutlicht so auf haptische Weise das Konzept der schichtenweise gelagerten Masse.

Konstruktion, Haustechnik und Fassade
Das Gebäude wird als Massivbau ohne Unterkellerung mit flacher Gründung in Ortbeton errichtet. Die tiefen Wandbereiche werden vollständig als Volumen in Beton ausgeführt. Zur Reduzierung des Betonvolumens werden nach Bedarf große Hohlkörper in die Schalung mit eingesetzt. Der erhöhte Schalungsaufwand wird durch einen Verzicht auf Vorsatzschalen im Innenausbau und einen niedrigen Bewehrungsgrad kompensiert.

Die Fassade des Gebäudes wird als zweischalige Sichtbetonkonstruktion ausgeführt. Die verglasten Bereiche erhalten eine raumhohe Pfosten-Riegelverglasung mit integriertem Sonnenschutz im Scheiben-zwischenraum. Die große thermische Masse des Gebäudes und eine Nachtkühlung über Öffnungen in der Fassade trägt zu einer guten Dämpfung der Temperaturschwankungen bei. Es wird angestrebt, das Gebäude vorwiegend natürlich über die Fassade und Dachoberlichter zu belüften. Die künstliche Lüftung und Kühlung stellt nur den Betrieb in Ausnahmezeiten sicher. Die Beheizung des Gebäudes erfolgt mit einer Fußbodenheizung und Unterflurkonvektoren an der Fassade.
Die Lüftungs- und Heizungszentrale wurde über dem mit 2,50 Metern relativ niedrigen Bohrkernbereich in einem vom Dach aus zugänglichen frostfreien Raum angeordnet. Die Elektrounterverteilungen sind dezentral in Wandnischen vorgesehen.

Freianlagen, Themengarten
Grundsätzlich werden die vorhandene Topographie und die bestehenden Bäume für die Gestaltung der Aussenanlagen benutzt, ergänzt und aufgewertet. Leitbild dabei ist eine ökologische Parklandschaft.

Der Bereich des Themengartens erhält eine selbstverständlich wirkende räumliche Fassung, die die Abgrenzung vom öffentlichem zum Bezahlbereich optisch überspielt: Das Gebäude, die Wasserfläche und eine baumbestandene Böschung entlang der Strasse bilden nach Westen eine natürliche Grenze.

Die benachbarten Gewerbeflächen im Westen und Südosten des Grundstücks werden durch intensive Bepflanzung (Hecken, Bäume) ausgeblendet. Auf der erhöhten Plattform wird ein Parkplatz unter Bäumen nahe des Haupteingangs angeboten. Der Busparkplatz befindet sich vorgelagert an der Strasse im Bereich des bestehenden Regenwasserrückhaltebeckens.
Der Themengarten gliedert sich in einen weiträumigen und offenen, terrassierten Grünbereich am Grubenrand und in einen räumlich gefassten, intimeren Bereich mit Hofcharakter direkt am Besucherzentrum.

Terrassen
Das leichte Gefälle des Geländes zum Grubenrand hin wird durch Terrassierungen inszeniert. Hier ist die Landschaft auf der Weitblick angelegt und soll daher unverstellt bleiben. Die Geometrie der Terrassen nimmt Bezug auf die Form und Terrassierung der Grube. Die niedrigen Böschungskanten werden überhöht mit Sitzstufen und Brüstungen ausgeführt, und können so dann auch als geneigte Wandflächen für Exponate, Gesteinsproben und Musterpflanzungen genutzt werden. Auf diese Weise entsteht entlang der Geländeterrassierung ein zwangloses landschaftliches Ausstellungssystem quasi "en passant". Der Kinderspielplatz wird an der Waldkante als "Naturspielplatz" angelegt, so dass der Wald als Spielfläche mitgenutzt werden kann.

Hof
Der Hofbereich am Gebäude präsentiert sich hingegen als intimerer, üppiger Garten mit einer großzügigen Wasserfläche. Verschiedenartige Bäume, Sträucher und Staudengewächse vermitteln hier einen Eindruck von Dichte, Fülle und Vielfalt der Natur. Durch die Verwendung "urzeitlicher " Pflanzen wird der Garten für die angrenzenden Ausstellungsräume Regenwald und Biodiversität als Kontext atmosphärisch nutzbar.

Ausichtsplattform
Die bestehende Aussichtsplattform kann weitergenutzt werden, bis sie baufällig ist. Nach ihrem Abriss soll im Bezahlbereich des Themengartens eine neue Aussichtsplattform entstehen. Gedacht ist dann an eine flexible, modulare und demontierbare Konstruktion, die bei größeren Setzungen nachjustiert und gegebenenfalls auch versetzt werden kann. Eine Dachterrasse auf dem Neubau ist als Option zusätzlich möglich, kann aber den schönen Ausblick am Grubenrand nicht ersetzen.

Erweiterungsflächen
Für eine Erweiterung wird ein trianguläres Baufeld im Südwesten vor dem Haupteingang ausgewiesen, das als Grünzunge den Weg zum Parkplatz von der Strasse trennt. Hier kann bei Bedarf ein weiterer eingeschossiger Baukörper entstehen, der ein größeres Bistro und einen eigenen Veranstaltungsbereich enthält. Das freiwerdende Bistro im Besucherzentrum könnte dann als Erweiterung des Foyers genutzt werden. Dies würde eine völlig unabhängige Bewirtschaftung von Bistro und Veranstaltungsfläche einerseits und Besucherzentrum andererseits ermöglichen.
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